Dienstag, 28. April 2009

Marathontag; Zürich Marathon

Die Nacht vor dem Marathon war nicht unruhiger als die Nächte davor. Die gute Hydrierung verlangt mitten in der Nacht nach einem Gang zum WC. Ich erwache kurz vor dem Wecker um 06h05. Nach der Toilette checke gleich nochmals Wetter und aktuelle Temperatur. Alles ist wie erwartet und ich ziehe die leichtesten kurzen Hosen und mein Lieblingsmarathon-T-Shirt an. Dieses fällt gut auf, da die Farbe Orange bei uns schon längst out ist. Sorgfältig streiche ich meine Füsse mit Antiblasencreme ein und ziehe meine neusten kurzen Falkesocken darüber an. Dann in die Küche - statt Kaffee gibt es Tee. Heute verzichte ich auf meine Geheimwaffe Milchreis und esse stattdessen Zopf mit wenig Butter und viel Honig. Ich unterbreche das Frühstück für einen ersten Gang zur Toilette. Dann plötzlich werde ich unruhig. Soll ich wirklich erst um 07h22 auf die S12? Spontan entscheide ich mich bereits für den 06h58-Zug. So müssen 3 Scheiben Zopf halt reichen. Schnell alles Material in den Rucksack gestopft und mit dem Velo zum Bahnhof. Ich begegne den ersten weiteren Läufern. Eine Figur fällt mir besonders auf. Ich frage mich, ob diese den Marathon in der Zeitlimite schaffen wird. Der 06h55 steht gerade bereit. Im Zug stelle ich meine Ausrüstung zusammen. Was kommt mit, was lasse ich im Kleidersack. Ich ziehe meine Armstulpen und ein Hadtuch an. In Zürich steht ein Extrazug bereit. Beim Kleiderdepot ist die die Marathonstimmung komplett. Jetzt sind die Läufer fast mehrheitlich unter sich. Ich treffe Lukas. Gemeinsam gehen wir in Richtung Startbereich. Plötzlich bin ich unsicher, ob ich nicht noch ein T-Top über meine T-Shirt hätte ziehen sollen. Ich verwerfe aber den Gedanken, nochmals zum Kleiderdepot zu gehen. Beim Start stelle ich mich vor den Klo's in die Reihe und wünsche Lukas einen guten Lauf, genauso wie Peter und Adrian. Allen ist die lockere Anspannung anzumerken, wie diesmal die bevorstehenden Belastungen bewältigt werden. Ein Marathon ist halt doch noch immer ein kleines Abenteuer. Im Startsektor begegne ich Reini. er wird seinen ersten Marathon laufen. Beim Startschuss lege ich kurz Wasserflasche und Pulli zur Seite, plaudere aber mit Reini weiter und wir sind zu wenig aufmerksam. Erst als uns der 4h30er-Ballon überholt, merken wir, dass wir zu langsam zum Start gehen. Nach einigen hundert Metern muss ich zudem feststellen, dass ich meinen Fusssensor nicht eingeschaltet habe. Ich muss zur Seite und stehen bleiben, um das Ding noch einzuschalten. Dann laufe ich weiter und laufe in der Gruppe um ca. 6min20/km viel zu langsam, d.h. für einmal gehöre ich zu diesen Deppen, die sich kurz nach dem Start vordrängen. Ich möchte doch vor den 4h Pacemakern die erste Wasserstation am Tunnelausgang erreichen. Trotz der leichten Hektik läuft mir ein Schaudern über den Rücken als die Spitze begleitet von einer lauten Welle Beifall der Läufer entgegenkommt. Nicht ganz risikolos gelingt es mir kurz vor Tunnelausgang die 4hWand zu durchbrechen. Nach der Wasserstation versuche ich mein Tempo zu finden. Dies ist nicht ganz einfach auf der leicht abfallenden Strecke. Ich bin zu schnell unterwegs. Zudem wir es nun richtig warm und feucht im Tunnel. Meine Brille läuft an und ich bin froh als ich endlich den Tunnel hinter mir habe. Eigentlich bin ich ganz froh, dass dies ein einmaliges Erlebnis ist. Draussen ziehe ich mir meine Armlinge wieder höher und rasch ist auch mein T-Shirt trocken. Ich bin froh zum ersten Mal, dass keine weitere Schicht trage. Bald bin ich in der Stadt. Bei km 13 staune ich, wie schnell ich diese Strecke hinter mir habe. Tatsächlich bin ich noch immer etwas zu schnell unterwegs. Hier rächt sich die Tatsache, dass ich den Sensor nicht noch einmal mit meinen Schuhen kalibriert habe. Bei einer angezeigten 5min30 Pace bin ich mit ca. 5min20 unterwegs. Dieses Tempo kann ich nicht durchstehen. Beim Überqueren der Quaibrücke finde ich das Zürcherpublikum wieder einmal richtig öde. Wenn schon am Rand stehen, dann doch bitte anfeuern. Nur blöd angeglotzt zu werden, macht den wenigsten Läufer/innen Spass. Die sollen sich ein Beispiel in Luzern holen. Eine löbliche Ausnahme ist hier die nette Blonde die mich auf der Strecke nach Meilen 3 x mit dem Namen anfeuert. Vielen Dank. Am See entlang ist die Sonne endgültig aus den Wolken hervor getreten. Nun wir es definitiv wärmer. Ich verpflege mich regelmässig und trinke bei jeder Station im gehen einige tüchtige Schlucke. Noch immer muss ich mein Tempo regelmässig zurücknehmen. Ich kann mich gut auf den Laufstil konzentrieren und immer wieder orientiere ich mich an den umgebenden Läufer/innen. Die Halbmarathonmarke passiere ich bei 1h53 etwas schneller als geplant. Der Spitze begegne ich auch später als ich eigentlich erwartet habe. Ich halte Auschau nach bekannten Gesichtern. Die schnellsten unter meinen Bekannten sind vermutlich derart schnell, dass ich diese nicht erkenne. Ganz gut sieht Peter beim Kreuzen aus. Er wird 3h10 laufen. In Meilen bin ich froh, dass die Sonne nun in meinem Rücken steht. Nun geht es endgültig Richtung Ziel. Mir geht es noch immer sehr gut. Ich laufe noch immer regelmässig 5min30. Nun allerdings nicht mehr so locker. Das Gefühl leicht bremsen zu müssen ist vorbei. Doch nun bin ich nur noch am überholen. Ich versuche dabei so oft wie möglich im schattigen Teil der Strasse zu laufen. An den Verpflegungsposten nehme ich mir deutlich mehr Zeit. Sie dienen mir nun auch zur Erholung. Nach km 35 stelle ich die ober Anzeige meiner Uhr auf die Anzeige der Laufzeit um: 3h21! Ich beginne zu rechnen und als ich viel schneller als erwartet km 36 erreiche, komme ich zum Schluss, dass 3h50 noch in Reichweite ist. Mein Körper meldet sich. Ich schalte die Pulsanzeige in den %-Modus. 92 % sind zu viel! Ich reduziere das Tempo und versuche bei max 90 % zu laufen. Ich sehne mich nach Cola Bei km 38 verpflege ich mich nochmals gründlich. Die Cola tut gut. Ich trinke nochmals ausgiebig und leere den Rest der Flasche über meinen Kopf. Das tut gut. Meine Pulswerte sind wieder unten. Ich laufe weiter und bin noch immer schneller als die umgebenden Läufer/innen. Nun macht auch das Publikum Freude. Die Stimmung kann sich nun mit Luzern messen. Zudem entfallen heute die mühsamen Schlenker über das Zürichhorn und das Laufen durch Büroschluchten hinter dem Jelmoli. Bei der letzten Verpflegung mache ich nur noch einen kurzen Stopp. Ich bin unsicher, wie stark ich mit dem Tempo anziehen kann, laufe nun aber doch merklich schneller als die meisten um mich. Von der Quaibrücke aus sehe ich einen ersten Bogen - nur Reklame oder km 42 Marke. Dann durch den nächsten Bogen - weiter hinten sehe ich ein grosses Tor Ballone - das Ziel? Die blonde Dame feuert mich nochmals an. Ich bedanke mich mit einem Lächeln. Doch die Ballone erweisen sich wieder als Werbung. Ich laufe weiter. Vor mir sehe ich Beat in seiner outdoor-running-Kluft und seinem auffälligen Laufstil. Rasch schliesse ich auf. Doch zu einem Wortwechsel reicht es nicht mehr. Ich überhole ihn und laufe weiter Richtung Ziel. Die Reklametafeln werden nochmals dichter und dann sehe ich die roten Matten - das Ziel unspektakulär für die Läufer dafür vollgekleistert mit Reklametafeln für TV/Fotos etc. Klar wir sind in Zürich - hier wird das gemacht was Stutz bringt. Wir Läufer sind wohl nur die Hamster, die das Geldrad antreiben. Doch diese Gedanke tauchen erst später auf. Jetzt laufe ich lächelnd und zufrieden im Ziel ein - so muss es sein - einfach gut -mega cool. Meine Uhr stoppe ich bei 3:49:xx! Für mich auch noch eine Wunschzeit. Eine Medaille wird mir entgegen gestreckt. Eine erste Gratulationen darf ich entgegen nehmen. Ein abgekämpfter Jürg sitzt auf der Bank. Ich gratuliere ihm. Wir tauschen kurz unsere Erfahrungen aus. Ich greife nach einer Flasche Wasser. Ich setze mich auf den Boden und beobachte sehr zufrieden und gelöst die einlaufenden Läufer/innen. Die Gesichter widerspiegeln eine breites Gefühlsspektrum: Vorherrschend sind Freude, Erleichterung, Euphorie, Stolz zum Teil gemischt mit Schmerz aber auch Enttäuschung und Frust ja gar Verzweiflung sind auszumachen. Nur ganz langsam begebe ich mich Richtung. Ich möchte die Stimmung noch etwas geniessen und länger im Marathonfeeling verweilen. Die Erleichterung es geschafft zu haben verschwindet langsam. Es war wirklich ein einmaliger Marathon. Auf den Tunnel kann ich getrost verzichten, genial an der diesjährigen Streckenführung ist der direkte Weg von Meilen und damit die letzten km. Es macht sich eine gewisse Wehmut breit, dass es schon vorbei ist. Mein Ticker sagt, dass ich inkl. Marathon etwa 600 km gelaufen bin, diese sind nun hinfällig. Doch der nächste kommt bestimmt. Nicht sicher bin ich, ob dies nochmals Zürich sein wird. Der einzige Grund in Zürich teilzunehmen, ist du kurze Anreise -ansonsten kann dieser Marathon trotz guter Organisation und gutem Ranking bei den CH-Marathons doch eher vergessen werden.

2 Kommentare:

  1. Tolles Marathonergebnis! Sieht man dich in Winterthur am 24. Mai?

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  2. Hallo Chris
    Danke für dein Feedback. Natürlich möchte ich in Winterthur teilnehmen (Halbmarathon). Doch drängt mein Umfeld darauf, in die Auffahrtstage am Bodensee, Elsass o.ä zu verbringen.
    Deshalb sieht man mich wohl nur bei regnerischem Wetter.

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