Sonntag, 20. Januar 2013

Alternativen zum Laufen: Mentaltraining

Noch immer kann ich nicht laufen. Meine Sehne will dies einfach nicht zulassen und bestraft meine sachten Versuche nach kurzer Zeit mit Schmerzen.
Deshalb lasse ich das Laufen und damit ruht auch dieser Laufblog. Schliesslich will ich hier über schöne Lauferlebnisse und tolle Laufrouten berichten und nicht mein Handicap beklagen.

Dennoch konnte ich kürzlich wieder einmal Lauflust schnuppern. finishers Winterthur, mein Club für Ausdauersport hat einen 1 1/2-tägigen Kurs mit dem Thema MentalTraining angeboten. Das Programm sprach mich sofort an und der Referent, Mentaltrainer und Ultratriathlet Daniel Meier liess erwarten, dass ein fundierter Praxisbezug zum Ausdauersport garantiert ist.

Meine Assoziation bei mentalem Training war in erster Linie die mentale Stärke an der Grenze. Dass dank mentalen Methoden aber auch das Optimum im Leistungsbereich auch abgerufen werden kann, habe ich weniger wahrgenommen.

Schwerpunkte des ersten Abends:
- Wie nehme ich hauptsächlich wahr (Auge, Ohr, Nase, Zunge, Tasten)
- Mentale Methoden (Visualisieren, Selbstgespräche, Kontrollraum, Gedankenstopp, Rituale, etc.)

Am Samstag waren die Schwerpunkte in praktischen Übungen und im Austausch in der Gruppe z.B. Wo ist die Grenze? Eine Frage, welche im Ausdauersport nicht einfach zu beantworten ist.

Ich bin wieder klarer über meine Alternativen an der Grenze:
- Weitermachen: Konsequenzen?
- Aufhören: Was geschieht dann?
- Intensität reduzieren: Eine Option?
Ich muss mich klar für eine Alternative entscheiden. Reduziere ich nur das Tempo, hänge aber noch immer am Zeitziel, werde ich scheitern. 

Wie unterstütze ich mich an der Grenze? Wie kann ich Alternativen sehen, wie kann ich mir Reize setzen, welche mich aufbauen?
für mich passende Methoden:
- Psychoregulation, d.h. Lenken der Gedanken mit Bildern (wenn ich kühl habe, stelle ich mir eine Flamme vor, wenn ich kalt habe, ein Feuer und wenn ich friere einen Vulkan)
- Ändern des Fokus (z.B. statt auf dem zwickenden Knie, Konzentration auf den Laufstil, satt das ferne Ziel, die nächste Verpflegung)
- Kraftsätzen wie z.B. Run, Forest, run.Hier hat mich beeindruckt, wie mit ein solcher Satz x-fach potenziert wird, wenn er noch mit einer entsprechenden Filmsequenz hinterlegt wird.
Wichtig ist Kombination von Kraftsätzen mit inneren Bildern, Handlungen (z.B. Fingerschnippen), Musik, Rythmus etc.
Erkannt habe ich auch, wie wichtig es ist, sich eine mentale Ordnung zu schaffen, zumal im Grenzbereich die klaren Gedanken nicht unbedingt vorherrschen.

Mit dem Formulieren der Ziele aus verschiedenen Gesichtspunkten (Erfolg, Prozess, Leistung) ergeben sich zudem Möglichkeiten zur Fokus Verlagerung in kritischen Phasen.
Selbstgespräche begleiten wohl jeden Ausdauersportler. Dies birgt Gefahren und Chancen. Wenn ich mir einrede, dass ich leide wie noch nie, wirkt dies Leistungsmindernd. Kann ich dies jedoch in einen positiven Satz umformen, z.B. Ich erlebe im Moment Einmaliges, breche ich eine solche Abwärtsspirale.

Auch aus den Gruppengesprächen sind viele zusätzliche Inputs entstanden. Bisher habe ich wohl hauptsächlich Selbstgespräche geführt und meine Läufe mittels Drehbuch geplant und strukturiert. Dank diesem Seminar habe ich ganz neue Möglichkeiten entdeckt.

Ich werde meine erzwungene Laufpause nun auch dazu verwenden, mein Repertoire zu vergrössern und mir gezielt und systematisch einige Bilder und Sätze mit Musik und Filmsequenzen zu hinterlegen. Mentale Mittel lassen sich nicht einfach von andern übernehmen, sondern sind ins eigene Wertschema und in die eigne Empfindungswelt zu übertragen.

Wenn ich mir jeweils Empfindungen im Grenzbereich hervor holen musste, habe ich oft an den Nachtmarathon in Biel gedacht. Mit meinem Wissen nach diesem Kurs und den nun notwendigen Übungen und Vorbereitungen habe ich ein grosses Potenzial eine solche Grenzsituation ganz anders zu meistern.

Wer weiss, vielleicht ist mein nächster Marathon Biel? Im 2010 war dies auch mein erster Marathon nach meiner ersten sehnenbedingten Auszeit.


Zum Schluss den für mich wichtigste Satz aus diesen 1 1/2 Tagen: Mentale Stärke bringt Ruhe! Dies hilft nicht nur in kritischen Wettkampfmomenten, sondern auch in vielen Alltagssituationen.